Als einzige Stadt in Irland besitzt Derry eine vollständig erhaltene
breite Stadtmauer, auf der man
bequem ...
einmal ganz um die Altstadt herumlaufen
kann. Sie wurde von 1613-1619 zum Schutz der Siedler aus Schottland und England
gebaut und hat sieben Durchgangstore, mit denen man früher die
Stadt
zuschließen konnte.
Ein Museum,
das der
Belagerung von Derry (The
Siege of Derry, 18. April bis 28 Juli 1689) gewidmet ist,
steht am Ende der Society Street; das hohe Gebäude überblickt den Westen der
Stadt, damit auch die (katholische) Bogside. Es muss wohl einen Grund haben,
dass gerade hier ein besonders hoher Zaun mit Kameras das Gebäude schützt, das den protestantischen
Triumph symbolisiert. Über dem Dach weht die dunkelrote Fahne der Bruderschaft der
Apprentice Boys, deren Vorfahren einst vor dem Ansturm des katholischen Königs
James die Stadttore schlossen. Sie werden als Freiheitskämpfer verehrt. Aus katholischer Sicht betrachtet sich das natürlich anders...
Derry war lange eine Art Kolonie englischer Protestanten, die von Schottland aus Irland besiedelten. Katholizismus war nach der englischen Reformation des 16. Jahrhunderts unerwünscht.
Das Herzstück der Umfriedung ist die gothische "St Columb's Cathedral", 1633 fertiggestellt und von einem Friedhof umgeben. Sie ist dem später
heiliggesprochenen irischen Mönch Kolumban gewidmet, der hier im 6. Jahrhundert
eine christliche Siedlung gründete.
Im Abendlicht besonders malerisch präsentiert sich, ebenfalls nach Westen gelegen, die anglikanische Augustinuskirche, umgeben von einem romantischen Friedhof
mit gepflegten Blumenbeeten und blühenden Hortensiensträuchern.
Ziemlich martialisch wirkende Kanonen säumen die Mauer,
von der man einen guten Blick auf die Bogside hat. Sie sind aber nicht
nur an dieser Stelle, sondern überall auf der Stadtmauer zu finden. An
einer Stellen stehen sie auf Schwenkscheiben in einer besonders verstärkten
"Bastion". Noch nie in ihrer gesamten Geschichte wurde der Festungsring
der Stadt durchbrochen – daher nennt sich Derry „the Maiden City“, die
jungfräuliche Stadt.
Blick hinunter auf die Wohnsiedlungen der Bogside, entlang der quer verlaufenden Leckey Road.
Was sieht man noch von der Stadtmauer aus? Zum Beispiel Einkaufszentren
wie dieses, das "Foyleside". Man kann dort sehr gepflegt
für Kleidung, Lebensmittel, Geschenke, Sportartikel
und anderes Geld ausgeben – die Wirtschaft will ja schließlich angekurbelt
werden. Zwischendurch kann man sich in Cafés mit Blick auf den Foyle etwas Gutes
zuführen. Kaffee oder Tee mit Fruit Scones oder doch lieber etwas Herzhafteres? Alles hier zu haben.
Man sieht auch die Guildhall (rechts), erbaut 1890. Hier hält der Stadtrat
seine Sitzungen, und der große Saal wird oft für kulturelle Veranstaltungen
genutzt. Es gibt beindruckende farbige Glasfenster, die die verschiedenen Handwerkszweige porträtieren
und stadtgeschichtliche Ereignisse darstellen.
1972 wurde die Guildhall durch zwei Bomben schwer beschädigt und die Glasfenster
weitgehend zerstört. Mittlerweile sind sie restauriert und wieder zu
bewundern. Auch der große Platz vor der Guildhall ist oft Schauplatz für
Festlichkeiten aller Art.
In der Guildhall fand von 2000 bis 2005 auch die
Saville-Untersuchung zum Blutsonntag (Bloody Sunday 1972) statt, deren Ergebnisse 2010 veröffentlicht wurden. (An
anderer Stelle in diesem Blog wird davon noch ausführlicher die Rede sein.)
Das Kulturzentrum "Playhouse" in der Artillery Street direkt an der Stadtmauer beherbergt zwei moderne Theater, ein Tanzstudio, Tagungsräume und ein Medienzentrum für Kunst und Kultur. Es organisiert preisgekrönte Aufführungen, Bildungsveranstaltungen und Lehrgänge und bietet Gastspielen Platz. Das "Playhouse" versteht sich als bürgernah, da es aus der einer privaten Initiative entstand.
Früher war das Gebäude eine Wohltätigkeits-Privatschule, deren Einkünfte in den 1840er Jahren von den mildtätigen und sehr aktiven "Sisters of Mercy" dazu verwendet wurden, Hunger und Krankheit der Mädchen der Arbeiterfamilien zu lindern. (Es war die Zeit der großen irischen Hungersnot nach der wiederholt auftretenden Kartoffelfäule.)
Zwischen 1980 und 1990 standen die Gebäude leer und verfielen zusehens, bis eine patente Frau namens Pauline Ross einen Investor gewinnen konnte und eine erste noch bescheidene Fördersumme zum Wiederaufbau verwendet wurde. Mittlerweile ist das "Playhouse" so erfolgreich, dass weiter investiert wird.
Auf halber Höhe zwischen der Bogside und der Stadtmauer fällt in westlicher Richtung diese Kirche ins Auge: St Columba's Church, auch "Long Tower" genannt. Es ist eine katholische Kirche, auf der Stelle eines sehr viel älteren Vorgängerbaus errichtet, der einst Katholiken in Derry erstmals ein Gotteshaus bot. Bischof Daly war hier häufig tätig.
Blick auf einen Biogarten mit Hochbeeten, in östlicher Blickrichtung unterhalb der Stadtmauer gelegen.
Ebenfalls in östlicher Blickrichtung: Bordsteinkanten am Eingang eines protestantischen Wohnviertels. Hier haben (wie an vielen anderen Stellen in Nordirland "Loyalisten" zum Pinsel gegriffen - das sind Einwohner, die die Zugehörigkeit zu Großbritannien durch republikanische Bestrebungen bedroht glauben und sie daher demonstrativ mit den Farben der britischen Flagge ins Blickfeld rücken.
Das Gegenstück dazu sind die Fahnenmasten auf der westlichen Seite der Stadt, an denen (meist über katholischen Vierteln) die Trikolore der Republik Irland weht. Man kann das weiter oben beim Foto der Bogside erkennen.
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