Jugendliche haben
viel Energie, sind bereit, diese in eine große Sache zu investieren und haben kaum
Verantwortung für andere zu tragen. Sie haben daher „freie Kapazitäten“ - ein Umstand, der von radikalen Gruppen immer
wieder ausgenutzt wird...
Der Beobachtung, dass
Jugendliche leichter zu radikalisieren sind als Erwachsene, widmet das
Online-Magazin ‚Cracked‘ im Juli 2014 eine längere Seite. Robert Evans interviewte Shane O’Doherty und
befragte ihn zu den Erkenntnissen, die man aus dem Leben eines Ex-Terroristen
gewinnen kann. In diesem Zusammenhang diskutierten die beiden, inwiefern
Jugendliche solch ein ideales Terrorpotential bieten können.
Robert Evans fasst
die Voraussetzungen wie folgt zusammen: Erwachsene haben schon vergleichsweise
viel erreicht. Sie haben einen Beruf, ein Liebesleben und eine Familie; auf diese Dinge verwenden sie
ihre Tatkraft. Außerdem haben sie ungehinderten Zugang zu Alkohol und Restaurantmenüs
und können ihre Bedürfnisse leichter decken, als Jugendliche es können.
Erwachsene haben auch schon viele andere Menschen kennengelernt; daher sind sie
nicht ohne weiteres bereit, zu glauben, dass bestimmte Teile der Menschheit unbedingt
den Tod verdienen.
15- bis 18jährige
dagegen leben meist noch in Ungebundenheit,
haben kaum Verbindlichkeiten zu erfüllen, und sind offen für große Ziele. Zugleich
sind ihre moralischen Vorstellungen durch Erfahrungsmangel noch von begrenztem
Umfang und oft nicht gefestigt genug, um ideologischen Erschütterungen
standzuhalten. Wenn radikale Gruppen oder Organisationen sie von einer „großen
Sache“ überzeugen können, die zugleich ihrem Ego Nährstoff bietet, dann werden
sie leicht zu Freiwilligen, die mit absolutem Feuereifer zur Sache gehen und dabei
kaum Lohn verlangen.
Shane selbsthatte schon
früh für die irisch-republikanische Sache Feuer gefangen und versuchsweise mit
Waffen hantiert; seine moralischen Vorstellungen waren dabei einseitig und
oberflächlich orientiert. Heute sagt er, dass jugendlicher Rachedrang ein
wesentlicher Antriebsfaktor war. Man wollte für den Tod der eigenen Freunde
Rache üben. Die Frage „Wieviele von denen können wir töten, bevor die uns
kaltmachen“ war sozusagen das geistige Frühstück der IRA-Kids. Erwachsene gaben
den Kindersoldaten Waffen und Munition, mit der sie kaum umgehen konnten. Shane
erinnert sich an seinen Freund Eamonn Lafferty, nur zwei Jahre älter als er
selbst, dem man ein Sportgewehr gab. Schon nach wenigen Tagen zog er nachts
damit los und war eine Stunde später tot.
Fast jeder
Action-Film enthält einen auslösenden Faktor
(z. B. in ‚Star Wars‘ die Zerstörung des Planeten Alderaan, in ‚Die Tribute von
Panem‘ wird Rue getötet, oder als Bruce Willis die Schuhe gestohlen werden).
Der auslösende Faktor rechtfertigt dann die Gewalt, die darauf folgt. Das
Bloody-Sunday-Massaker in Derry war ein solches Moment für die jungen
IRA-Männer. Das Zusammenbasteln von Bomben war den meisten
zu gefährlich, aber Shane war damals jung und verrückt genug, sich um diesen
Job zu reißen und wurde so zum „Bomber mit dem Babygesicht“, da er selbst mit
18 noch wie 14 Jahre alt aussah.
Was schließt man nun daraus? Da Jugendliche
imstande sind, bedingungslose Leidenschaft für eine Sache aufzubringen, von der
sie überzeugt sind, sollte man sie für eine große Sache gewinnen, die genauso
viel Überzeugung und Einsatzbereitschaft
fordert. Ob Jugend-Ehrenamt oder Auslandsjahr, es gibt durchaus viele
Möglichkeiten, seinen Tatendrang in einer Weise zu nutzen, die Erfüllung mit
sich bringt., z. B. vor Ort in der Kinderbetreuung, der sozialen Arbeit oder im
Sport; auch in der Notfallhilfe und im Katastrophenschutz. Falls es
internationale Projekte sein sollen, gibt es viele in der Entwicklungshilfe,
Flüchtlingsbetreuung, Katastrophenhilfe, und vieles mehr. Das European
Volunteer Centre (CEV) bzw. der Europäischer
Freiwilligendienst ist eine
Anlaufstelle, aber auch ‚Freiwilligenarbeit.de‘ bietet eine ganze
Auswahl an Freiwilligen-Hilfsprojekten. Das Selbstverständnis und das Weltbild Jugendlicher
können Weltoffenheit und Uneigennützigkeit ganz entscheidend fördern.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen