12. Juli - Tag der Oranierparaden in Nordirland. Jedes Jahr wieder gibt es mehr
oder weniger heftige Auseinandersetzungen, und natürlich auch Bemühungen, zu
deeskalieren. So wird zum Beispiel die Routenführung immer wieder leicht oder
auch stark geändert, natürlich nicht ohne heftigen Protest gegen diese ...
Einschränkungen; mancherorts versucht man es mit Verboten für die gesamte Parade, was ebenfalls zu Proteststürmen führt; ein beträchtliches Polizeiaufgebot soll Entgleisungen verhindern. Während des
Nordirlandkonflikts der 60er und 70er Jahre und noch bis 2001 war es die
protestantische Polizei „Royal Ulster Constabulary“. Dieser wurden immer wieder
einseitiges Verhalten und antikatholische Aktionen vorgeworfen. Im Zuge der
Friedensbemühungen wurde die RUC aufgelöst und eine vollständig neu formierte
Polizei eingerichtet, immerhin ein Fortschritt. Die Polizei muss beispielweise
sicherstellen, dass die Oranierparaden während ihres Verlaufs nicht auf gleichzeitig
stattfindende Protestmärsche der anderen Seite treffen.
Man wünscht sich das Heilen
uralter Verletzungen, doch wie soll das geschehen, wenn der Sinn der
Oraniermärsche darin besteht, mit allen Herrschaftsinsignien, im vollen
Oranier-Ornat und von den dumpfen Klängen der Lambeg-Trommeln begleitet durch
Katholikenviertel zu ziehen, um ihnen zu signalisieren, dass man selbst niemals
vergessen will?
Shane O’Doherty beschreibt
in “The Volunteer”, 2. Kapitel, welche historische Bedeutung die Oraniermärsche
haben, die jedes Jahr um den 12. Juli herum stattfinden: Es sind Triumphmärsche
der protestantischen Übermacht über die katholische Bevölkerung Nordirlands.
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Gemälde von Jan Wyck (1693): Die Schlacht am Boyne |
(Der folgende Überblick ist
sehr skizzenhaft, mag aber für dieses Blog genügen.)
Am 1. Juli 1690 wurde nach
der Schlacht am Boyne-Fluss („Battle of the Boyne“) die
Vorherrschaft des Protestantismus durch den Sieg von Wilhelm von Oranien über James
(Jakob) II, endgültig besiegelt.
Der Verlierer der Schlacht, James
II, war der letzte englische und
schottische Stuart-König. Er war um 1669 zum Katholizismus übergetreten. Sein
absolutistischer Herrschaftsstil weckte
in England Befürchtungen, er wolle das seit der englischen Reformation anglikanische
England wieder katholisch machen, da er grundsätzlich auf religiöser Toleranz bestand
und Katholiken vor Strafverfolgung schützte. Der niederländische Statthalter
Wilhelm von Oranien wurde zu Hilfe gerufen, und es kam zur „Ruhmreiche
Revolution“.
Nach der Flucht des Stuart-Königs
bot das Parlament dem Oranier den englischen Thron an, und bald danach erkannte
auch Schottland seine Herrschaft an. Das irische Parlament hingegen sah
weiterhin in James II den rechtmäßigen König. James reiste aus Frankreich nach
Irland ein, belagerte erfolglos die Festungsstadt Derry, wurde schließlich trotz
seiner französischen und irischen Verstärkung von Wilhelm von Oranien vernichtend
geschlagen (siehe oben) und floh prompt zurück nach Frankreich. Seine Truppen
ließ er im Stich. Diese zogen sich zurück und kämpften danach noch ein Jahr lang
gegen Williams Herrschaft. Doch die territorialen Ansprüche des Protestantismus
in Nordirland waren bereits dermaßen gründlich gefestigt, dass sie sich nicht
mehr rückgängig machen ließen. Hier, in dieser mehr als 300 Jahre
zurückliegenden Niederlage, muss man den Nährboden des Nordirlandkonflikts
sehen. Die Oraniermärsche rühren tatsächlich, wie Shane schreibt, jedes Jahr
wieder Salz in die Wunden der Besiegten, solange sie darauf bestehen, durch
katholische Viertel zu ziehen.
Ein Blick in die aktuellen Nachrichten zeigt: 2014 sind die Oraniermärsche
vielerorts, so auch in Belfast, relativ friedlich verlaufen, während es im
Vorjahr noch zu teilweise heftigen Unruhen gekommen war. Noch immer geben
Protestanten an, die Katholiken müssten ja nicht aus dem Fenster sehen, wenn
die Parade sie störe. Noch immer beschweren sich Katholiken über die bombastische
Provokation. Solange beide Seiten darauf achten, zu demonstrieren, ohne Gewalt
zu provozieren, kann man am Ende des Tages erleichtert aufatmen…
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