Am Sonntag, 3. April 2016, lief im irischen Fernsehen
(Sender RTE) eine Dokumentation über Shane O’Dohertys Geschichte. Mit 26
Minuten reichte sie zwar nicht an die Qualität der früheren Doku von Peter
Taylor (1989, siehe
früheren Blogbeitrag) heran.
Aber es gab dafür allerhand neue Aspekte der
Vorstellung von Shanes Buße. Unter diesem Titel stand auch die Sendung:
„Atonement“
(Abbitte, Buße, Sühne). Wie
kommt ein...
ideologisch verhärteter Bombenterrorist zur Vorstellung von Buße als
Notwendigkeit? Vieles hiervon deckt sich mit seiner Autobiographie „The
Volunteer“.
Alles Nachfolgende jedoch
bezieht sich auf die Jahrzehnte danach. Wie sieht sein Leben als Büßender aus?
Was hat er damit erreicht, was kann man überhaupt damit erreichen?
Natürlich blieb Shane O‘Doherty, bedingt durch sein
Aufwachsen in einer katholischen Familie, zeitlebens empfänglich für die Stimme
der katholischen Kirche, vor allem aber für die Bibel, speziell für die vier
Evangelien. Ohne diese Voraussetzung hätte er vermutlich nicht den Weg zu der
Erkenntnis gefunden, dass aktive Buße unerlässlich ist, wenn man seine Taten
wirklich bereut. Dazu gehörte es, dass er - nach Erlangen der Erlaubnis und
Zustimmung seiner früheren Opfer – diese persönlich und einzeln um Vergebung
bat. Aber das ist nur die Voraussetzung, die es zu erfüllen galt. Darauf musste
ein Leben in aktiver Reue folgen.
Seine Frau Suzie hat natürlich nicht einen Terroristen
geheiratet, sondern „einen Mann mit Vergangenheit“. Und natürlich war sie
zuerst entsetzt, als er ihr gestand, was für eine Vergangenheit das war. Aber
sie hat ihn von Anfang an als Büßenden kennengelernt. Dass diese Buße echt ist,
kann kann sie am besten beurteilen, denn sie sieht es tagtäglich: Shane hat
nicht nur bereut (als Wendepunkt in seiner Vergangenheit), sondern er ist nach
wie vor dabei, zu bereuen. Es ist ein nie endender Vorgang, der konsequent
weitergeführt werden muss. Das restliche Leben in seiner Gesamtheit muss der
Wiedergutmachung dienen, muss den Gestrandeten der Gesellschaft gewidmet sein,
und es wird nie ein Punkt erreicht werden, an dem Shane sagen könnte: „Jetzt
ist es genug.“ Er wird niemals damit abgeschlossen haben. Zudem ist der Dienst
bei der Obdachlosenhilfe keine Sache, mit der man es sich leicht macht. So
mancher aufgestaute Frust lädt sich bei den Helfern ab. Zusätzlich zur
Tagesarbeit, die den Lebensunterhalt sichert, noch Nachtwachen im
Obdachlosenasyl zu absolvieren, verlangt der Konstitution einiges ab.
Shane verfolgt aber auch kreative Wege, seine eigene
Vergangenheit in einer Weise zu verarbeiten, die auch für die Öffentlichkeit
von Interesse sein kann. Er schrieb nebenher ein Theaterstück über einen
Jugendlichen, Kevin Barry, dessen Radikalisierung mit 16 Jahren begann und Parallelen
zu Shanes Geschichte aufweist.
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Shane O'Doherty mit 15 |
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Kevin Barry mit 15 |
Kevin Barry wurde 1920 im Alter von 18 Jahren dafür
gehängt, dass er sich an einem bewaffneten Überfall auf britische Soldaten
beteiligt hatte; drei von diesen wurden dabei erschossen. Kevin Barry war ein
Schüler der Dubliner Belvedere College. Dort fand kürzlich eine erste Lesung
von Shanes Theaterstück “Belvedere Boy“ mit Schauspielern statt. Was nun weiter
aus dem Script wird, muss man abwarten. Das Thema Teenager und Terrorismus (siehe
früheren
Blogbeitrag) bleibt auf jeden Fall weiterhin aktuell.
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