Über das Buch

Der zweitjüngste Sohn einer kinderreichen katholischen Lehrerfamilie in Derry bekam schon früh die Diskriminierung der Katholiken zu spüren, die in den 60er Jahren zur Bildung einer starken Bürgerrechtsbewegung führte. Auch in den deutschen Nachrichten gab es damals immer wieder Berichte mit Bildern von Bürgerrechtsmarschierern, Polizeiknüppeln und Panzern. Doch nur wenigen deutschen Zuschauern gelang es, sich ein Bild der Zusammenhänge zu verschaffen. Viele glaubten, es handele sich um einen Glaubenskrieg zwischen Protestanten und Katholiken und wunderten sich, wie im aufgeklärten Westen so etwas möglich sein konnte.

Hier liegt nun der authentische Bericht eines ursprünglich unbeteiligten, später aber radikalisierten Zeitzeugen und Mittäters vor, der die Hintergründe aus eigenem Erleben schildert. In den langen Jahren seiner späteren Haft rechnete O'Doherty schließlich schonungslos mit sich selbst ab und wandte sich der aktiven Reue zu. Als das Buch 1989 zuerst erschien, war es sofort ein Bestseller. Dem deutschen Buchmarkt blieb es allerdings lange verborgen. Nun kann man O'Dohertys Autobiographie endlich auch bei uns erhalten und aus erster Hand erfahren, wie ein entsetzter Jugendlicher das Blutvergießen des Bloody Sunday 1972 miterlebte und welche Folgen es für ihn hatte.


Bilder von Derry

Bilder von Derry: Stadtteil Bogside / Zwei Wandgemälde / Mahnmal in der Bogside (Fotos: Mark A. Wilson, Kryptonit, Wikimedia Commons, Alan Mc)

Dienstag, 2. April 2013

Die Schule in Derry: St Columb's College

Mit elf Jahren bestand Shane O'Doherty die strenge Aufnahmeprüfung des St Columb's College in Derry. Diese katholische weiterführende Schule mit angegliedertem Internat hatte nach dem Education Act von 1947 Kinder aller Gesellschaftsschichten kostenlos aufgenommen und in der Folge einige berühmte Absolventen hervorgebracht. Zu diesen zählen der Dichter und Nobelpreisträger Seamus Heaney sowie  der Politiker John Hume (Nobelpreis gemeinsam mit David Trimble), ...
die Musiker Phil Coulter und Paul Brady, der Politiker und Schriftsteller Eamonn McCann, der Schriftsteller Seamus Deane und der Botschafter Jack Sharkey. Diese Schüler gehörten zu der ersten Generation von Jungen, die vom Education Act 1947 profitierten.
Es gibt einen Film über diese berühmten Absolventen von St Columb's College, gedreht von Maurice Fitzpatrick, der auch ein gleich betiteltes Buch dazu veröffentlicht hat: "The Boys of St Columbs". Buch und Film stellen die Schule vor dem Hintergrund der Bürgerrechtsbewegung der späten 60er Jahre vor.
Shane O'Doherty zählt wegen seiner Bombenanschläge natürlich zu denals unrühmlich angesehenen ehemaligen Schülern. Nach seinem frühen Eintritt in die IRA führte er einige Jahre ein Doppelleben als guter Schüler und heimlicher Bombenleger, bis er anfing, die Schule häufiger zu schwänzen, weil in den Straßen von Derry der bewaffnete Widerstand auf Hochtouren lief. Zwar zeigte er sehr gute Schulleistungen, machte sich aber als 17jähriger unbeliebt durch Widerspruch beim Schulleiter, als ihn dieser für einen Leserbrief an die örtliche Tageszeitung tadelte. In diesem Brief hatte Shane sich darüber beklagt, dass britische Soldaten ihn auf seinem Schulweg gezielt drangsaliert hatten. Die Schule sah durch dieses öffentliche Handeln ihren guten Namen in Verruf gebracht, obwohl er sie gar nicht genannt hatte.
Shane war bereits dabei, sich auf seine Abschlussprüfungen vorzubereiten; als er absehen konnte, dass seine Ergreifung durch die britischen Soldaten nur noch eine Angelegenheit von wenigen Tagen war, setzte er sich über die Grenze in die Republik Irland ab. Seine Familie erfuhr nichts davon und hielt ihn für vermisst; seine Schullaufbahn war damit abgebrochen.

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